Heinrich Heine

Auszug aus dem Vorwort zum Atta Troll:

Noch ein Wort bedarf es einer besonderen Verwahrung, daß die Parodie eines Freiligrathschen Gedichtes, welche aus dem „Atta Troll" manchmal mutwillig hervorkichert und gleichsam seine komische Unterlage bildet, keineswegs eine Mißwürdigung des Dichters bezweckt? Ich schätze denselben hoch: zumal jetzt, und ich zähle ihn zu den bedeutendsten Dichtern, die seit der Juliusrevolution in Deutschland aufgetreten sind. Seine erste Gedichtsammlung kam mir sehr spät zu Gesicht, nämlich eben zur Zeit, als der „Atta Troll“ entstand. Es mochte wohl an meiner damaligen Stimmung liegen, daß namentlich der "Mohrenfürst" so belustigend auf mich wirkte. Diese Produktion wird übrigens als die gelungenste gerühmt. Für Leser, welche diese Produktion gar nicht kennen - und es mag deren wohl in China und Japan geben, sogar am Niger und am Senegal -, für diese bemerke ich, daß der Mohrenkönig, der zu Anfang des Gedichtes aus seinem weißen Zelte, wie eine Mondfinsternis, hervortritt, auch eine schwarze Geliebte besitzt, über deren dunkles Antlitz die weißen Straußenfedern nicken. Aber kriegsmutig verläßt er sie, er zieht in die Negerschlacht, wo da rasselt die Trommel, mit Schädeln behangen - ach, er findet dort sein schwarzes Waterloo und wird von den Siegern an die Weißen verkauft. Diese schleppen den edlen Afrikaner nach Europa, und hier finden wir ihn wieder im Dienste einer herumziehenden Reutergesellschaft, die ihm bei ihren Kunstvorstellungen die türkische Trommel anvertraut hat. Da steht er nun, finster und ernsthaft, am Eingange der Reitbahn und trommelt, doch während des Trommelns denkt er an seine ehemalige Größe, er denkt daran, daß er einst ein absoluter Monarch war am fernen, fernen Niger und daß er gejagt den Löwen, den Tiger -

"sein Auge ward naß; mit dumpfem Klang
Schlug er das Fell, daß es rasselnd zersprang."


Geschrieben zu Paris, im Dezember 1846

Heinrich Heine