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Vor der Fahrt
Melodie der Marseillaise.
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab!, Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Frisch auf denn, springt hinein! Frisch auf, das Deck bemannt!
Stoßt ab! Stoßt ab! Kühn durch den Sturm! Sucht Land und
findet Land!
Ihr Alle, mein' ich, habt gehört von jenem seltnen Eispalast!
Auf der gefrornen Newafluth aufstarrte der gefrorne Glast!
Dem Willen einer Kaiserin, der Laune dienend einer Frau,
Scholl' über Scholle stand er da, gediegen Eis der ganze Bau!
Um seine blanken Fensterreih'n, um seine Giebel pfiff es kalt:
Doch innen hat ihn Frühlingsweh'n und hat ihn Blumenhauch
durchwallt!
Allüberall, wohin man schritt, Musik und Girandolenglanz,
Und durch der Säle bunte Flucht bewegte wirbelnd sich der Tanz!
Also, bis in den März hinein, war seine Herrlichkeit zu
schau'n;
Doch - auch in Rußland kommt der Lenz, und auch der Newa Blöcke
thau'n!
Hui, wie bei'm ersten Sturm aus Süd der ganze schimmernde Koloß
Hohl in sich selbst zusammen sank, und häuptlings in die Fluthen
schoß!
Die Fluthen aber jauchzten auf! Ja, die der Frost in Bande
schlug,
Die gestern eine Hofburg noch und eines Hofes Unsinn trug,
Die es noch gestern schweigend litt, daß man ihr auflud Pomp und
Staat,
Daß eine üpp'ge Kaiserin hoffärtig sie mit Füßen trat: -
Dieselbe Newa jauchzt' empor! Abwärts mit brausendem Erguß,
Abwärts durch Schnee und Schollenwerk schob sich und drängte
sich der Fluß!
Die letzten Spuren seiner Schmach malmt' er und knirscht' er kurz
und klein -
Und strömte groß und ruhig dann in's ewig freie Meer hinein!
Die ihr der Völker heil'ge Fluth abdämmtet von der Freiheit
Meer: -
Ausmündend bald, der Newa gleich, braust sie und jubelt sie
einher!
Den Winterfrost der Tyrannei stolz vom Genicke schüttelt sie,
Und schlingt hinab, den lang sie trug, den Eispalast der
Despotie!
Noch schweigt ihr in dem Blitzenden, und thut in eurem
Dünkel, traun!
Als käme nun und nie der Lenz, als würd' es nun und nimmer
thau'n!
Doch mälig steigt die Sonne schon, und weich erhebt sich schon
ein Weh'n;
Die Decke tropft, der Boden schwimmt - 0, schlüpfrig und
gefährlich Geh'n!
Ihr aber wollt verschlungen sein! Dasteht ihr und kapitulirt
Lang erst mit jeder Scholle noch, ob sie - von Neuem nicht
gefriert!
Umsonst, ihr Herrn! Kein Halten mehr! Ihr sprecht den Lenz zum
Winter nicht,
Und hat das Eis einmal gekracht, so glaubt mir! daß es bald auch
bricht!
Dann aber heißt es wiederum: - Abwärts mit brausendem
Erguß,
Abwärts durch Schnee und Schollenwerk drängt sich und macht
sich Bahn der Fluß!
Die letzten Spuren seiner Schmach malmt er und knirscht er kurz
und klein -
Und fluthet groß und ruhig dann in's ewig freie Meer hinein!
Von unten auf!
Ein Dämpfer kam von Bieberich: - stolz war die Furche, die er
zog!
Er qualmt' und räderte zu Thal, daß rechts und links die
Brandung flog!
Von Wimpeln und von Flaggen voll, schoß er hinab keck und
erfreut:
Den König, der in Preußen herrscht, nach seiner Rheinburg trug er heut!
Die Sonne schien wie lauter Gold! Auftauchte schimmernd Stadt
um Stadt!
Der Rhein war wie ein Spiegel schier, und das Verdeck war blank
und glatt!
Die Dielen blitzten frisch gebohnt, und auf den schmalen her und
hin
Vergnügten Auges wandelten der König und die Königin!
Nach allen Seiten schaut' umher und winkte das erhabne Paar;
Des Rheingau's Reben grüßten sie und auch dein Nußlaub, Sankt Goar!
Sie sahn zu Rhein, sie sahn zu Berg: - wie war das Schifflein
doch so nett!
Es ging sich auf den Dielen fast, als wie auf Sanssouci's Parket!
Doch unter all der Nettigkeit und unter all der schwimmenden
Pracht,
Da frißt und flammt das Element, das sie von dannen schießen
macht;
Da schafft in Ruß und Feuersgluth, der dieses Glanzes Seele ist;
Da steht und schürt und ordnet er - der Proletarier-Maschinist!
Da draußen lacht und grünt die Welt, da draußen blitzt und
rauscht der Rhein -
Er stiert den lieben langen Tag in seine Flammen nur hinein!
Im wollnen Hemde, halbernackt, vor seiner Esse muß er steh'n,
Derweil ein König über ihm einschlürft der Berge freies Weh'n!
Jetzt ist der Ofen zugekeilt, und Alles geht und Alles paßt;
So gönnt er auf Minuten denn sich eine kurze Sklavenrast.
Mit halbem Leibe taucht er auf aus seinem lodernden Versteck;
In seiner Fallthür steht er da, und überschaut sich das
Verdeck.
Das glüh'nde Eisen in der Hand, Antlitz und Arme roth
erhitzt,
Mit der gewölbten haar`gen Brust auf das Geländer breit
gestützt -
So läßt er schweifen seinen Blick, so murrt er leis dem
Fürsten zu:
"Wie mahnt dies Boot mich an den Staat! Licht auf den Höhen
wandelst Du!
Tief unten aber, in der Nacht und in der Arbeit dunkelm
Schoos,
Tief unten, von der Noth gespornt, da schür' und schmied' ich
mir mein Loos
Nicht meines nur, auch Deines, Herr! Wer hält die Räder Dir im
Takt,
Wenn nicht mit schwielenharter Faust der Heizer seine Eisen
packt?
,Du bist viel weniger ein Zeus, als ich, 0 König, ein Titan!
Beherrsch' ich nicht, auf dem Du gehst, den allzeit kochenden
Vulkan?
Es liegt an mir; - Ein Ruck von mir, Ein Schlag von mir zu dieser
Frist,
Und siehe, das Gebäude stürzt, von welchem Du die Spitze bist!
Der Boden birst, aufschlägt die Gluth und sprengt Dich
krachend in die Luft!
Wir aber steigen feuerfest aufwärts an's Licht aus unsrer Gruft!
Wir sind die Kraft! Wir hämmern jung das alte morsche Ding, den
Staat,
Die wir von Gottes Zorne sind bis jetzt das Proletariat!
Dann schreit' ich jauchzend durch die Welt! Auf meinen
Schultern, stark und breit
Ein neuer Sankt Christophorus, trag' ich den Christ der neuen
Zeit!
Ich bin der Riese, der nicht wankt! Ich bin's, durch den zum
Siegesfest
Ueber den tosenden Strom der Zeit der Heiland Geist sich tragen
läßt!"
So hat in seinen krausen Bart der grollende
Cyklop gemurrt;
Dann geht er wieder an sein Werk, nimmt sein Geschirr, und stocht
und purrt.
Die Hebel knirschen auf und ab, die Flamme strahlt ihm in's
Gesicht,
Der Dampf rumort; - er aber sagt: Heut, zornig Element noch
nicht!'
Der bunte Dämpfer unterdeß legt vor Kapellen
zischend an;
Sechsspännig fährt die Majestät den jungen Stolzenfels hinan.
Der Heizer auch blickt auf zur Burg; von seinen Flammen nur
behorcht,
Lacht er: "Ei, wie man immer doch für künftige Ruinen
sorgt!"
So wird es kommen, eh' ihr denkt: - Das Volk hat
Nichts zu beißen mehr!
Durch seine Lumpen pfeift der Wind! Wo nimmt es Brot und Kleider
her? -
Da tritt ein kecker Bursche vor; der spricht: "Die Kleider
wüßt' ich schon!
Mir nach, wer Rock und Hosen will! Zeug für ein ganzes
Bataillon!"
Und wie man eine Hand umdreht, stellt er in
Rotten sie und Reih'n,
Schreit: "Linksum kehrt!" und: "Vorwärts
Marsch!" und führt zur Kreisstadt sie hinein
Vor einem steinernen Gebäu Halt machen läßt er trutziglich:
"Seht da, mein Kleidermagazin - das Landwehrzeughaus nennt
es sich!
"Darinnen liegt, was ihr bedürft: Leinwand
zu Hemden, derb und schwer!
Wattirte Jacken, frisch genäht - dazu von zweierlei Couleur!
Tuchmäntel für die Regennacht! Feldmützen auch und Handschuh'
viel,
Und Alles, was sich sonst gehört zu Heerschau und Paradespiel!
"Ihr kennt den ganzen Rummel ja! Ob auch mit
Hadern jetzt bedeckt,
Haben die Meisten doch von euch in der Montirung schon gesteckt!
Wehrmänner seid ihr allzumal! So lange Jeder denn vom Pflock
Sich seinen eignen Hosensack und seinen eignen blauen Rock!
"Ja, s e i n e n Rock! Wer faselt noch vom
Rock des Königs? - Liebe Zeit!
Gabt i h r die Wolle doch dazu: geschorne Schafe, die ihr seid!
Du da - ist nicht die Leinwand hier der Flachs, den deine Mutter
spann,
Indeß vom kummervollen Aug' die Thrän' ihr auf den Faden rann?
"Nehmt denn! So recht! Da prunkt ihr ja, als
ging's zu Felde morgen früh,
Oder doch allerwenigstens nach Grimlinghausen zur Revue!
Nur die Muskete fehlt euch noch! Doch sieh', da steht von
ungefähr
Der ganze Saal voll! Zum Versuch: - Gewehr in Arm! Schultert's
Gewehr!
"Ganz, wie sich's hört! Das nenn' ich
Schick! Am Ende . . . Jungens, wißt ihr was?
Auch die Gewehre wandern mit! - Gewehr bei Fuß! - Das wird ein
Spaß!
Und würd' es Ernst . . . Nun, möglich ist's! Sie machen immer
groß Geschrei,
Und nennen diesen Kleiderwitz vielleicht noch gar Rebellerei!
"Nennen ihn Einbruch noch und Raub! - - In
wenig Stunden, sollt ihr sehn'
Wird uns ein Linienregiment schlagfertig gegenüberstehn!
Da heißt es denn für seinen Rock die Zähne weisen! D'ran und
d'rauf!
Patronen her! Geladen, Kerls! Und pflanzt die Bajonette auf!
"Stülpt auch den Tschako auf den Kopf, und
hängt den Degen vor den Steiß: -
Daß ihr ihn ,,Käsemesser" nennt, ein glückverkündend
Omen sei's!
Kein Hirn, will's Gott, besudelt ihn! Kein Herzblut, hoff' ich,
färbt ihn roth -
Für Weib und Kinder ,,Käse nur soll er zerhau'n und nahrhaft
Brot!
"Und nun hinaus! Tambour voran, Querpfeifer
und Hornistenpaar!
Soll auch die Adlerfahne noch vorflattern, Brüder, eurer Schaar?
Der Teufel auch! Was kümmert uns vergangner Zeit Raubvögelpack!
Wollt ihr ein Banner: Eines nur schickt sich für euch - der
Bettelsack!
"Den pflanzt auf irgend ein Gerüst: - da
hier ist ein Uhlanenspeer! -
Und tragt ihn, wie die Geusen einst, mit zorn'gem Stolze vor euch
her!
Ihr könnt es füglicher, als sie! Ihr tragt den Sack nicht bloß
zum Staat,
Ihr seid nicht bloß dem Namen nach - nein, ihr seid Bettler in
der That!
"Marsch denn, ihr Geusen dieser Zeit!
Marsch, Proletarier-Bataillon!" -
Da naht zu Fuß und naht zu Roß die königliche Linie schon!
"Feuer!" befiehlt der General; "Choc!" heißt
es bei der Reiterei. -
Doch, ha! Kein Renner hebt den Huf, und keine Flinte schickt ihr
Blei!
Ein Murren aber rollt durch's Heer: "Auch
wir sind Volk! Was königlich!"
Und plötzlich vor dem Bettelsack senkt tief die Adlerfahne sich!
Dann Jubelschrei: "Wir sind mit Euch! Denn wir sind Ihr, und
Ihr seid wir!" -
"Kanaille!" ruft der Commandeur - da reißt ein
Leutnant ihn vom Thier!
Und wie ein Sturm zur Hauptstadt geht's!
Anschwillt ihr Zug lawinengleich!
Umstürzt der Thron, die Krone fällt, in seinen Angeln ächzt
das Reich!
Aus Brand und Blut erhebt das Volk sieghaft sein lang zertreten
Haupt: -
Wehen hat jegliche Geburt! - So wird es kommen, eh' ihr glaubt!
Festen Tons zu seinen Leuten spricht der Herr der Druckerei:
"Morgen, wißt ihr, soll es losgeh'n, und zum Schießen
braucht man Blei!
Wohl, wir haben unsre Schriften: - Morgen in die Reih'n getreten!
Heute Munition gegossen aus metall'nen Alphabeten!
,,Hier die Formen, hier die Tiegel! auch die Kohlen facht' ich
an!
Und die Pforten sind verrammelt, daß uns Niemand stören kann!
An die Arbeit denn, ihr Herren! Alle, die ihr setzt und preßt!
Helft mir auf die Beine bringen dieses Freiheitsmanifest!"
Spricht's, und wirft die ersten Lettern in den Tiegel frischer
Hand.
Von der Hitze bald geschmolzen, brodeln Perl und Diamant;
Brodeln Colonel und Corpus; hier Antiqua, dort Fraktur
Werfen radikale Blasen, dreist umgehend die Censur.
Dampfend in die Kugelformen zischt die glüh'nde Masse dann: -
So die ganze lange Herbstnacht schaffen diese zwanzig Mann;
Athmen rüstig in die Kohlen; schüren, schmelzen unverdrossen,
Bis in runde, blanke Kugeln Schrift und Zeug sie umgegossen!
Wohl verpackt in grauen Beuteln liegt der Vorrath an der Erde,
Fertig, daß er mit der Frühe brühwarm ausgegeben werde!
Eine dreiste Morgenzeitung! Wahrlich, gleich beherzt und kühn
Sah man keine noch entschwirren dieser alten Offizin!
Und der Meister sieht es düster, legt die Rechte auf sein
Herz:
"Daß es also mußte kommen, mir und Vielen macht es
Schmerz!
Doch - welch Mittel noch ist übrig, und wie kann es anders sein?
-
Nur als Kugel mag die Type dieser Tage sich befrei'n!
"Wohl soll der Gedanke siegen - nicht des Stoffes rohe
Kraft!
Doch man band ihn, man zertrat ihn, doch man warf ihn schnöd in
Haft!
Sei es denn! In die Muskete mit dem Ladstock laßt euch rammen!
Auch in solchem Winkelhacken steht als Kämpfer treu beisammen!
"Auch aus ihm bis in die Hofburg fliegt und schwingt
euch, trotzige Schriften!
Jauchzt ein rauhes Lied der Freiheit, jauchzt und pfeift es hoch
in Lüften!
Schlagt die Knechte, schlagt die Söldner, schlagt den
allerhöchsten Thoren,
Der sich d i e s e freie Presse selber auf den Hals beschworen!
"Für die r e c h t e freie Presse kehrt ihr heim aus
diesem Strauß:
Bald aus Leichen und aus Trümmern graben wir euch wieder aus!
Gießen euch aus stumpfen Kugeln wieder um in scharfe Lettern -
Horch! ein Pochen an der Hausthür! und Trompeten hör' ich
schmettern!
"Jetzt ein Schuß! - Und wieder einer! - Die Signale
sind's, Gesellen!
Hallender Schritt erfüllt die Gassen, Hufe dröhnen, Hörner
gellen!
Hier die Kugeln! hier die Büchsen! Rasch hinab! - Da sind wir
schon!"
Und die erste Salve prasselt! - Das ist Revolution!
Springer
Epilog des Dichters
Kein besser Schachbrett als die Welt:
Zur Limmat rück ich von der Schelde!
Ihr sprengr mich wohl von Feld zu Feld,
Doch schlagt ihr mich nicht aus dem Felde!
So ist es eben in dem Schach
Der Freien wider die Despoten:
Zug über Zug und Schlag auf Schlag,
Und Ruh wird keine nicht geboren!
Mir ist, als müßt ich auch von hier
Den Stab noch in die Weite setzen;
Als würden auch aus Tells Revier
Die Launen dieses Spiels mich hetzen!
Ich bin bereit! Noch braust das Meer,
Um Norwegs freie Bauernstätten;
Noch rasselt es von Frankreich her,
wie Klirren von gebrochnen Ketten!
Kein flüchtig Haupt hat Engelland
Von seiner Schwelle noch gewiesen;
Noch winkt rnir eine Freundeshand
Nach des Ohio Iust'gen Wiesen!
Von Dorf zu Dorf von Sradt zu Stadt,
Von Land zu Land - mich schiert es wenig!
Kein Zug des Schicksals setzt mich matt -
Matt werden kann ja nur der König!