Gedichte (1838) - eine Auswahl

Die Auswanderer
Sommer 1832

Ich kann den Blick nicht von euch wenden;
Ich muß euch anschaun immerdar:
Wie reicht ihr mit geschäft'gen Händen
Dem Schiffer eure Habe dar!

Ihr Männer, die ihr von dem Nachen
Die Körbe langt, mit Brot beschwert,
Das ihr aus deutschem Korn gebacken,
Geröstet habt auf deutschem Herd;

Und ihr, im Schmuck der langen Zöpfe,
Ihr Schwarzwaldmädchen, braun und schlank,
Wie sorgsam stellt ihr Krüg und Töpfe
Auf der Schaluppe grüne Bank!

Das sind dieselben Töpf und Krüge,
Oft an der Heimath Born gefüllt!
Wenn am Missouri Alles schwiege,
Sie malten euch der Heimath Bild;

Des Dorfes steingefaßte Quelle,
Zu der ihr schöpfend euch gebückt,
Des Herdes traute Feuerstelle,
Das Wandgesims, das sie geschmückt.

Bald zieren sie im fernen Westen
Des leichten Bretterhauses Wand;
Bald reicht sie müden, braunen Gästen,
Voll frischen Trunkes, eure Hand.

Es trinkt daraus der Tscherokese,
Ermattet, von der Jagd bestaubt;
Nicht mehr von deutscher Rebenlese
Tragt ihr sie heim, mit Grün belaubt.

O sprecht! Warum zogt ihr von dannen!
Das Neckarthal hat Wein und Korn;
Der Schwarzwald steht voll finstrer Tannen,
Im Spessart klingt des Älplers Horn.

Wie wird es in den fremden Wäldern
Euch nach der Heimathberge Grün,
Nach Deutschlands gelben Weizenfeldern,
Nach seinen Rebenhügeln ziehn!

Wie wird das Bild der alten Tage
Durch eure Träume glänzend wehn!
Gleich einer stillen, frommen Sage
Wird es euch vor der Seele stehn.

Der Bootsmann winkt! - Zieht hin in Frieden:
Gott schütz euch, Mann und Weib und Greis!
Sei Freude eurer Brust beschieden,
Und euren Feldern Reis und Mais!

Der Mohrenfürst
1

Sein Heer durchwogte das Palmental.
Er wand um die Locken den Purpurschal;
Er hing um die Schulter die Löwenhaut;
Kriegerisch klirrte der Becken Laut.

Wie Termiten wogte der wilde Schwarm.
Den goldumreiften, den schwarzen Arm
Schlang er um die Geliebte fest:
Schmücke dich, Mädchen, zum Siegesfest!

Sieh, glänzende Perlen bring ich dir dar!
Sie flicht durch dein krauses, schwarzes Haar
Wo Persias Meerflut Korallen umzischt
Da haben wir triefende Taucher gefischt.

Sieh, Federn vom Strauße! Laß sie dich schmücken
Weiß auf dein Antlitz das dunkle nicken!
Schmücke das Zelt! Bereite das Mahl!
Fülle, bekränze den Siegespokal!"

Aus dem schimmernden weißen Zelte hervor
Tritt der schlachtgerüstete fürstliche Mohr;
So tritt aus schimmernder Wolken Tor
Der Mond, der verfinsterte, dunkle, hervor.

Da grüßt ihn jubelnd der Seinen Ruf
Da grüßt ihn stampfend der Rosse Huf.
Ihm rollt der Neger treues Blut
Und des Nigers rätselhafte Flut.

"So. führ uns zum Siege, so führ uns zur Schlacht!"
Sie stritten vom Morgen bis tief in die Nacht
Des Elefanten gehöhlter Zahn
Feuerte schmetternd die Kämpfer an.

Es fleucht der Leu, es fliehn die Schlangen
Vor dem Rasseln der Trommel mit Schädeln behangen
Hoch weht die Fahne, verkündend Tod:
Das.Gelb der Wüste färbt sich rot. -

So tobt der Kampf im Palmental!
Sie aber bereitet daheim das Mahl;
Sie füllt den Becher mit Palmensaft,
Umwindet mit Blumen der Zeltstäbe Schaft.

Mit Perlen, die Persias Flut gebar,
Durchflicht sie das krause schwarze Haar
Schmückt die Stirn mit wallenden Federn und
Den Hals und die Arme mit Muscheln bunt.

Sie setzt sich vor des Geliebten Zelt;
Sie lauscht, wie ferne das Kriegshorn gellt.
Der Mittag brennt und die Sonne sticht:
Die Kränze welken, sie achtet's nicht.

Die Sonne sinkt, und der Abend siegt;
Der Nachttau rauscht, und der Glühwurm fliegt.
Aus dem lauen Strom blickt das Krokodil,
Als ob es der Kühle genießen will.

Es regt sich der Leu und brüllt nach Raub,
Elefantenrudel durchrauschen das Laub.
Die Giraffe sucht des Lagers Ruh,
Augen und Blumen schließen sich zu.

Ihr Busen schwillt vor Angst empor;
Da naht ein flüchtiger, blutender Mohr.
"Verloren die Hoffnung! Verloren die Schlacht!
Dein Buhle gefangen, gen Westen gebracht!

Ans Meer! Den blanken Menschen verkauft!"
Da stürzt sie zur Erde: das Haar zerrauft,.
Die Perlen zerdrückt sie mit zitternder Hand,
Birgt die glühende Wange im glühenden Sand.

2

Auf der Messe, da zieht es, da stürmt es hinan
Zum Zirkus, zum glatten, geebneten Plan.
Es schmettern Trompeten, das Becken klingt,
Dumpf wirbelt die Trommel, Bajazzo springt.

Herbei, herbei! - Das tobt und drängt;
Die Reiter fliegen; die Bahn durchsprengt
Der Türkenrapp und der Britenfuchs!
Die Weiber zeigen den üppigen Wuchs.

Und an der Reitbahn verschleiertem Tor
Steht ernst ein krausgelockter Mohr;
Die türkische Trommel schlägt er laut
Auf der Trommel liegt eine Löwenhaut

Er sieht nicht der Reiter zierlichen Schwung,
Er sieht nicht der Rosse gewagten Sprung.
Mit starrem trocknem Auge schaut
Der Mohr auf die zottige Löwenhaut.

Er denkt an den fernen, fernen Niger
Und daß er gejagt den Löwen den Tiger;
Und daß er geschwungen im Kampfe das Schwert:
Und daß er nimmer zum Lager gekehrt

Und daß sie Blumen für ihn gepflückt,
Und daß sie das Haar mit Perlen geschmückt -
Sein Auge ward naß, mit dumpfem Klang
Schlug er das Fell, das rasselnd zersprang.

"Prinz Eugen der edle Ritter"

Zelte, Posten, Wer-da-Rufer!
Lust'ge Nacht am Donauufer
Pferde stehn im Kreis umher
Angebunden an den Pflöcken;
An den engen Sattelböcken
Hangen Karabiner schwer.

Um das Feuer auf der Erde,
Vor den Hufen seiner Pferde
Liegt das östreich'sche Piket.
Auf dem Mantel liegt ein Jeder,
Von den Tshakos weht die Feder,
Leutnant würfelt und Kornet.

Neben seinem müden Schecken
Ruht auf einer wollnen Decken
Der Trompeter ganz allein:
"Laßt die Knöchel, laßt die Karten!
Kaiserliche Feldstandarten
Wird ein Reiterlied erfreun!

Vor acht Tagen die Affaire
Hab' ich, zu Nutz dem ganzen Heere,
In gehör'gen Reim gebracht;
Selber auch gesetzt die Noten;
Drum, ihr Weißen und ihr Rothen!
Merket auf und gebet Acht!"

Und er singt die neue Weise
Einmal, zweimal, dreimal leise
Denen Reitersleuten vor;
Und wie er zum enemale
Endet, bricht mit unmale
Los der volle kräft'ge Chor:

"Prinz Eugen, der edle Ritter!"
Hei, das klang wie Ungewitter
Weit ins Türkenlager hin.
Der Trompeter täth den Schnurrbart streichen
Und sich auf die Seite schleichen
Zu der Marketenderin.

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