Georg Herwegh (1817 - 1875)Georg Herwegh

An Ferdinand Freiligrath

Die ihr gehört - frei hab ich sie verkündigt:
Ob jedem recht: - schiert ein Poet sich drum?
Seit Priams Tagen, weiß er, wird gesündigt
In Ilium und außer Ilium.
Er beugt sein Knie dem Helden Bonaparte,
Und hört mit Zürnen d' Enghiens Todesschrei:
Der Dichter steht auf einer höher`n Warte
Als auf den Zinnen der Partei.

Ferdinand Freiligrath

(Siehe dessen Gedicht auf den Tod von Diego Leon, "Morgenblatt", Nr.286, Jahrgang 1841)

Du drückst den Kranz auf eines Mannes Stirne,
Der wie ein Schächer jüngst sein Blut vergoß,
Indessen hier die königliche Dirne
Die Sündenhefe ihrer Lust genoß;
Ich will ihm den Zypressenkranz gewähren,
Düngt auch sein Blut die Saat der Tyrannei -
Für ihn den milden Regen deiner Zähren!
Doch gegen sie die Blitze der Partei!

Partei! Partei! Wer sollte sie nicht nehmen,
Die noch die Mutter aller Siege war!
Wie mag ein Dichter solch ein Wort verfemen,
Ein Wort, das alles Herrliche gebar?
Nur offen wie ein Mann: Für oder wider?
Und die Parole: Sklave oder frei?
Selbst Götter stiegen vom Olymp hernieder
Und kämpften auf der Zinne der Partei!

Sieh hin! dein Volk will neue Bahnen wandeln!
Nur des Signales harrt ein stattlich Heer;
Die Fürsten träumen, laßt die Dichter handeln!
Spielt Saul die Harfe, werfen wir den Speer!
Den Panzer um - geöffnet sind die Schranken,
Brecht immer euer Saitenspiel entzwei
Und führt ein Fähnlein ewiger Gedanken
Zur starken, stolzen Fahne der Partei!

Das Gestern ist wie eine welke Blume -
Man legt sie wohl als Zeichen in ein Buch -
Begrabt's mit seiner Schmach und seinem Ruhme
Und webt nicht länger an dem Leichentuch!
Dem Leben gilt's ein Lebehoch zu singen,
Und nicht ein Lied im Dienst der Schmeichelei;
Der Menschheit gilt's ein Opfer darzubringen,
Der Menschheit, auf dem Altar der Partei!

O stellt sie ein die ungerechte Klage,
Wenn ihr die Angst so mancher Seele schaut;
Es ist das Bangen vor dem Hochzeitstage,
Das hoffnungsvolle Bangen einer Braut.
Schon drängen allerorten sich die Erben
Ans Krankenlager unsrer Zeit herbei;
Laßt, Dichter, laßt auch ihr den Kranken sterben,
Für eures Volkes Zukunft nehmt Partei!

Ihr müßt das Herz an eine Karte wagen,
Die Ruhe über Wolken ziemt euch nicht;
Ihr müßt euch mit in diesem Kampfe schlagen,
Ein Schwert in eurer Hand ist das Gedicht.
O wählt ein Banner, und ich bin zufrieden,
Ob's auch ein andres, denn das meine sei;
Ich hab gewählt, ich habe mich entschieden,
Und meinen Lorbeer flechte die Partei!

 

Duett der Pensionierten

Die Anerkennung, welche dem einer unserer ersten Familien (in Lübeck) angehörenden Dichter Emanuel Geibel vom König von Preußen zuteil wurde, hat hier in allen Kreisen die freudigste Sensation erregt. Eben stand der junge Dichter im Begriff, zu einem sogenannten Brotstudium überzugehen und sich nach Spanien zu begeben, um dort seine bereits in Griechenland begonnenen Studien der romanischen Literatur fortzusetzen und sich so für ein akademisches Lehrfach auszubilden - die Munifizenz des preußischen Monarchen (300 preußische Taler!) hat ihn nun in die angenehme Lage versetzt, ganz der edlen Dichtkunst zu leben; statt nach Spanien wird er sich nun an den Rhein begeben, wohin ihn zunächst das Verlangen treibt, Freiligrath kennenzulernen. - Augsburger "Allgemeine Zeitung", 6. Februar 1843

Geibel. Bist du's?
Freiligrath. Ja, ich bin es -
Geibel. der da -
Freiligrath. Der da -
Geibel. seinen Speer geschwungen Und die Drachen -
Freiligrath. ja, die Drachen,
Samt dem Drachenfürst, bezwungen.
Geibel. Bist du's?
Freiligrath. Ja, willst du mich kennen?
Ja, ich bin es in der Tat,
Den Bediente Bruder nennen,
Bin der Sänger Freiligrath.
Geibel. Oh, so salb ich dich mit Narden
Und so räuchr' ich dir mit Ambra,
0 du bardigster der Barden,
Rettest mich vor dem Alhambra,
Du, der Sänger des Diego,
Vor dem Lande des Riego,
Vor dem Tiger, vor dem Nero,
Vor dem grausen Espartero -
Ohne dich, den einzig Edeln,
Lernt ich nie so trefflich wedeln;
Heiße Geibel, so's erlaubt ist,
Wenn man mal ein Dichterhaupt ist:
Bin der Sohn von einem Pastor,
Möchte gerne mich zum Kastor
Machen; willst du Pollux sein?
Freiligrath. Ich gesteh, ich hätte lieber
Die Unsterblichkeit allein,
Doch dies Demagogenfieber -
Geibel. Bändigen wir nur zu zwein!
Freiligrath. Und so laß uns unsre Flammen -
Geibel. Tun zu einem Brand zusammen -
Freiligrath. Braten als getreue Diener -
Geibel. Die verfluchten Jakobiner,
Beide. Und verzehren dann in Frieden
Die Pension der Invaliden.

Freiligrath antwortet mit dem Gedicht "Ein Brief"